Der Koalitionsvertrag der großen Koalition im Saarland spricht im Gegensatz zur vergangenen Legislaturperiode nicht mehr von einem Bibliotheksgesetz.
Stattdessen liest man unter der Ãœberschrift "Kulturelle Bildung" auf S. 58 dies:
"Lesekultur, Bibliotheken und Mediatheken legen vielfach den Grundstein für kulturelle Bildung und gesellschaftliche Teilhabe und bedürfen der besonderen Aufmerksamkeit und Förderung.
Um die 'Versorgung in der Fläche' mit Bibliotheken sicherzustellen, werden wir Gespräche mit Bibliotheken, Schulträgern, Pfarreien, den Bistümern und den Kommunen führen, um eine übergreifende Strategie zur Weiterentwicklung der Bibliothekslandschaft zu entwickeln."
In seiner 78. Sitzung am 26. April 2012 hat der Landtag von Schleswig-Holstein den Bibliotheksgesetzentwurf des SSW ablehnt.
Politisch ließ sich über die Frage der Kosten eines solches Gesetzes kein Konsens erzielen. Bemerkenswert aber war die durchgängig bei allen Rednern zu findende Perspektive auf die kommende Legislaturperiode, vgl. PlPr 17/78, S. 6792-6799.
Abg. Wengler CDU (er gehört dem neu gewählten Landtag nicht mehr an): "Ich möchte auch hier noch einmal betonen, dass ich Befürworter einer gesetzlichen Regelung für die öffentlichen Bibliotheken in Schleswig-Holstein bin. Daher bedauere ich es sehr, dass wir in dieser verkürzten Legislaturperiode zu keinem Ergebnis gekommen sind. Abschließend möchte ich meiner Hoffnung Ausdruck geben, dass es dem neuen Landtag gelingen möge, Regelungen für die zu erwartenden Probleme unserer Bibliotheken zu finden. Ich glaube aber, dass wir durch unsere Beratung zumindest eine Basis legen konnten, auf der weitergearbeitet werden kann." S. 6793
Abg. Müller SPD: "Wir würdigen, dass auch innerhalb der großen Regierungsfraktion die Auffassung und das Abstimmungsverhalten im Ausschuss unterschiedlich war - Wilfried Wengler hat das ausgeführt -, sodass man wirklich annehmen kann, dass die Türen nicht zugeschlagen sind, wenn es zur Abstimmung über die Ausschussempfehlung kommt. Es ist natürlich ein unglücklicher Zeitablauf, dass die Behandlung dieses Gesetzentwurfs im Ausschuss erst unmittelbar vor der Neuwahl des Landtags erfolgen konnte. Auch wenn dieser Gesetzentwurf heute höchstwahrscheinlich abgelehnt wird, hindert uns niemand daran, ihn sehr bald nach der Wahl wieder einzubringen und zu beraten." S. 6794
Abg. Funke FDP: "Daher empfand ich den Vorschlag des Kollegen Wengler als sehr konstruktiv in der Sache, den Entwurf in der kommenden Legislaturperiode in dieser Fassung wieder einzubringen und im Verlauf des weiteren Verfahrens eine Kostenfolgeabschätzung zu erwirken. Grundsätzlich steht auch die FDP-Fraktion einer entsprechenden gesetzlichen Neuregelung positiv gegenüber." S. 6795
Abg. Strehlau GRÜNE: "Insgesamt aber bleibt, dass wir ein Bibliotheksgesetz wollen und brauchen, um das Bibliothekswesen in unserem Land zu stützen. ... Wir sehen diesen Gesetzentwurf auch als eine gute Basis für eine nächste Landesregierung, dieses Ziel zu erreichen." S. 6795 f.
Positiv zum Gesetzentwurf äußerte sich auch die Fraktion DIE LINKE.
Die Abg. Spoorendonk vom SSW, der den Gesetzentwurf eingebracht hatte, betonte, dass die Förderung von Bibliotheken eine "knallharte Bildungsförderung" sei. Sie unterstrich noch einmal die Position des SSW: "Gleichwohl bleibe ich dabei, dass wir in Schleswig-Holstein mehr denn je ein Bibliotheksgesetz brauchen." S. 6797
Der für Bildung und Kultur zuständige Minister Klug sprach sich gegen ein Bibliotheksgesetz aus, da es, wenn es wirklich etwas sichern soll, nicht finanziert werden könne, wenn es aber nichts sichert, dann sei ein Bibliotheksgesetz "völlig überflüssig". Kritisch sah er auch die mit einer Novellierung des Pflichtexemplarrechts einhergehenden Kosten. S. 6798
Auch wenn das Gesetz abgelehnt wurde, so war es doch eine Ablehnung "erster Klasse". Es gibt eine gute Perspektive, dass in der kommenden Legislaturperiode das Thema wieder auf der politischen Tagesordnung stehen wird. Die zentrale Frage wird dabei sicher sein, wie und mit welchem finanziellen Aufwand die Ã-ffentlichen Bibliotheken in ihrem Bestand gesichert werden können. Zudem wird man auch über das Pflichtexemparrecht reden müssen. Das kulturelle Gedächtnis darf kein Gedächtnis nach Kassenlage sein, sondern bedarf einer soliden Grundlage.
Generell scheint es ratsam, bei der künftigen Debatte um ein Bibliotheksgesetz zwei Ebenen zu unterscheiden, eine nüchtern-juristische und eine politisch-finanzielle.
Auf der nüchtern-juristischen Ebene gilt es, den Bibliotheken eine angemessene Rechtsgrundlage für ihre Arbeit zu geben. Hier gibt es im Landesrecht von Schleswig-Holstein Defizite, die ein Bibliotheksgesetz beheben sollte. Besonders kostspielig ist dieser Teil des Gesetzes, darin etwa dem Datenschutz im Archivgesetz vergleichbar, nicht. Dieses Thema, das politisch nicht sonderlich spannend ist, ist in der Diskussion bisher eher blass geblieben, Minister Klug hat es gar nicht verstanden.
Die Frage der Sicherung und Förderung der Ã-ffentlichen Bibliotheken hingegen ist in ihrer konkreten Ausformung eine politische Frage, die Geld kostet und Prioriätsentscheidungen in der Bildungs- und Kulturpolitik verlangt. Hier gab es schon bei dem ablehnten Gesetzentwurf des SSW eine kontroverse Diskussion. Und hier wird es auch bei einem neuen Entwurf genug Diskussionsbedarf geben.
Wissenschaft als Suche nach Erkenntnis ist ein kommunikatives Unterfangen. Wis¬senschaftlichen Publikationen kommt dabei eine Schlüsselstellung zu. Veröffentlichungen informieren über den aktuellen Stand der Diskussion. Sie bilden den Ausgangspunkt jeglicher Forschungsarbeit. Die dabei gewonnenen Ergebnisse werden wiederum publiziert, um ihrerseits weiterführende Untersuchungen zu ermöglichen.
Zur optimalen Ausgestaltung dieses „Publikationskreislaufes“ hat die Wissenschaft stets alle technischen Möglichkeiten genutzt. Eine besondere Rolle kam hier in der Vergangenheit gedruckten Zeitschriften zu, die relativ schnell und einfach eine umfassende wissenschaftliche Diskussion über Orts- und Zeitgrenzen hinweg ermöglichten. Mit dem Aufkommen des Internet hat der wissenschaftliche Austausch jedoch eine neue Qualität erreicht. Inhalte können jetzt global und praktisch ohne Zeitverlust publiziert und diskutiert werden.
In dem Maße aber in dem Wissenschaft vermehrt digital kommuniziert, gewinnen urheberrechtliche Fragestellungen an Bedeutung. Die Nutzung von Inhalten, die unkörperlich über Netze verbreitet werden, unterscheidet sich in rechtlicher Hinsicht nämlich fundamental von der Arbeit mit gedrucktem Material. So können Bücher und Zeitschriftenhefte allein auf der Grundlage des Eigentums am bedruckten Papier beliebig genutzt werden. Das Urheberrecht spielt hier keine Rolle. Die Nutzung unkörperlicher digitaler Inhalte hingegen ist technisch gesehen immer mit Vervielfältigungsvorgängen, also mit Eingriffen in urheberrechtliche Verwertungsrechte verbunden.
Solche Eingriffe sind nur dann erlaubt, wenn entweder die Rechteinhaber dies im Rahmen einer vertraglich vereinbarten Lizenz ermöglichen oder der Gesetzgeber die Nutzung in einer gesetzlichen Schrankenbestimmung gestattet. Wer digitale Inhalte nutzt, muss sich also stets vergewissern, ob er dies auch darf. Aus diesem Grund sind digital arbeitende Wissenschaft und Urheberrecht untrennbar miteinander verbunden.
Wer wissenschaftlich tätig ist, will sich aber nicht mit urheberrechtlichen Problemen, sondern mit den Fragestellungen seines Faches beschäftigen und diese mit den Methoden seiner Disziplin sachgerecht bearbeiten. Hierzu gehören in jedem Fall ein umfassender Zugang zu Publikationen und die ungehinderte Diskussion von Forschungsergebnissen.
An dieser Stelle wird das Urheberrecht zu einem ernsten Problem, wenn nicht die Wissenschaft und ihre Kommunikationsbedürfnisse, sondern die für die einzelnen Inhalte in hohem Maße wechselhafte und uneinheitliche Urheberrechtslage darüber entscheidet, ob und inwieweit Inhalte zur Verfügung stehen, zugänglich sind oder genutzt werden dürfen. Dabei ist diese Urheberrechtslage maßgeblich durch Ausschließlichkeitsrechte von Wissenschaftsverlagen und anderen kommerziellen Verwerter geprägt.
In der Vergangenheit war dies kein Problem, denn im analogen Zeitalter haben gerade die Wissenschaftsverlage durch ihre gedruckten Publikationen die für das wissenschaftliche Arbeiten notwendige wissenschaftliche Ã-ffentlichkeit hergestellt. Grundlage für diese unverzichtbare Tätigkeit waren umfassende Verwertungsrechte an den publizierten Inhalten. Indem Verlage diese Rechte ausübten, verbreiteten sie gedrucktes Material und machten es überhaupt erst öffentlich. Wissenschaftsurheberrecht war daher als wissenschaftsverlagsfreundliches Urheberrecht wissenschaftsfreundlich.
Im digitalen Zeitalter jedoch werden die Ausschließlichkeitsrechte von Verlagen problematisch, denn durch die Möglichkeiten des Internet ist die Herstellung einer wissenschaftlichen Ã-ffentlichkeit kein verlegerisches Monopol mehr. Wenn Verlage jetzt ihre Ausschließlichkeitsrechte ausüben, dann nicht, um eine umfassende Ã-ffentlichkeit herzustellen, sondern um wissenschaftliche Inhalte in einem von ihnen kontrollierten Bereich gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen. Damit aber werden Sichtbarkeit und Erreichbarkeit von Publikationen begrenzt. Aus Sicht der Verlage ist dies verständlich, da sie wissen¬schaftliche Publikationen durch Verknappung zu einem handelbaren Wirtschaftsgut machen.
Aus Sicht der Wissenschaft aber führt diese Situation zu einer Störung im wissenschaftlichen Diskurs, da nunmehr kein einheitlicher, allen gleichermaßen zugänglicher Raum wissenschaftlicher Diskussion zur Verfügung steht. Auch wenn die allermeisten Inhalte noch über analoge Lieferdienste beschafft werden können oder in Bibliotheken einsehbar sind, aus dem Fokus einer digital arbeitenden Wissenschaft fallen sie wegen des umständlichen Beschaffungsweges weitgehend heraus.
Vor diesem Hintergrund dreht sich der Streit um ein angemessenes Urheberrecht in der Wissenschaft im Kern um die Frage, ob es die Wissenschaft hinnehmen muss, wenn wissenschaftsfremde Akteure wie Verlage ihre Rechte an den publizierten Inhalten im Gegensatz zum analogen Zeitalter nun nicht mehr zur Herstellung, sondern zur Verknappung einer wissenschaftlichen Ã-ffentlichkeit nutzen.
Befürworter eines wissenschaftsfreundlichen Urheberrechts sind der Ansicht, dass an erster Stelle die Wissenschaft und ihre Kommunikationsbedürfnisse der Maßstab für eine Ausgestaltung des wissenschaftsbezogenen Urheberrechts sein müssen und nicht die wirtschaftlichen Interessen von Verlagen an der Aufrechterhaltung von Publikationsstrukturen, die angesichts der kommuni¬kativen Möglichkeiten des Internet nicht mehr optimal sind. Wissenschaftsurheberrecht im digitalen Zeitalter ist daher nur als wissenschafts¬bezogenes, nicht jedoch als bloß wissenschaftsverlagsfreundliches Urheberrecht wirklich wissenschaftsfreundlich.
Da aber die Wissenschaft auch im digitalen Zeitalter auf professionelle Publikationsdienstleister nicht verzichten kann, steht nicht zu befürchten, dass ein an den Bedürfnissen der Wissenschaft orientiertes Urheberrecht keinen Raum mehr ließe für verlegerisches Engagement. Nur wird sich dieses im digitalen Bereich nicht mehr auf ausschließliche Rechte gründen können, da solche Rechte einem umfassenden und ungehinderten Informationsfluss entgegenstehen und damit stets zu einer suboptimalen Kommunikationssituation in der Wissenschaft führen werden.
Der Bildungsausschuss wird sich in seiner Sitzung am 19. April 2012 mit dem Entwurf eines Bibliotheksgesetzes des SSW befassen. Das Thema wird offenbar abschließend beraten, da in der vorletzten Landtagssitzung der laufenden Legislaturperiode am 25. April 2012 unter TOP 7 die Zweite Lesung des Gesetzes angesetzt ist.
Nach dem Eindruck des bisherigen Beratungsgeschehens ist wohl eine Ablehnung zu erwarten. Spannend aber werden die Äußerungen der in der Debatte werden, da alle Parteien sich in der ersten Lesung positiv zu einem solchen Gesetz geäußert haben. Interessant wird auch sein, ob und wie die bibliotheksrechtlichen Desiderate im Landesrecht, vor allem das Pflichtexemplarrecht an Netzpublikationen, weiter bearbeitet werden sollen.
Die SPD erwähnt in ihrem Wahlprogramm das Thema Bibliotheksgesetz nicht mehr. Ausgehend von den Überlegungen der nun zuende gehenden Legislaturperiode, ein Kulturfördergesetz zu erlassen, das auch Bibliotheksbelange berücksichtigen soll, liest man dies: "Wir werden die Kommunen stärker bei ihren kulturpolitischen Aufgaben unterstützen und selbst neue Akzente setzen, u.a. in den wir die Förderung von Kunst, Kultur und kultureller Bildung auf eine gesetzliche Grundlage stellen."
S. 9 (Quelle: Link zum Wahlprogramm)
Deutlich wird hier, dass allein die kommunale Eben anvisiert wird, was einer sachlich nicht sinnvollen Spartentrennung im Bibliothekswesen Vorschub leistet. Ein Kulturfördergesetz kann beim laufenden Unterhalt kommunaler Bibliotheken sinnvoll ein. Ein Bibliotheksgesetz, das etwa Aufgaben der Landesbibliothek, die Kooperation aller Bibliotheken im Land sowie die Fachstellenarbeit regelt, kann das Kulturfördergesetz aber nicht ersetzen.
(weitere Programme folgen)
Derzeit befindet sich im Landtag von Schleswig-Holstein ein Gesetzentwurf des SSW für ein Bibliotheksgesetz, der von allen Parteien in der Ersten Lesung sehr positiv aufgenommen wurde. Nach Durchführung einer schriftlichen und einer mündlichen Anhörung liegt der Entwurf immer noch im Ausschuss. Es steht zu erwarten, dass er sich - ohne formal abgelehnt zu werden - mit dem Ende der Legislaturperiode erledigt. Es ist daher spannend, ob ein neuer Landtag dieses Thema wieder aufgreifen wird. Ein Blick in die Wahlprogramme der Parteien ist derzeit aber ernüchternd:
In den Wahlprogrammen für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein finden
CDU: Schleswig-Holstein zeichnet sich durch eine einzigartige Dichte an unterschiedlichen Kulturangeboten in Stadt und Land und für jedes Lebensalter aus: Kulturvereine, Musikschulen, Kunstschulen, Literaturkreise, große und kleine, professionelle und freie Theater, Orchester, Museen, Galerien, freie Kunst, Bibliotheken und Büchereien. ... Die CDU Schleswig-Holstein setzt sich für eine strategische Weiterentwicklung der Kultur ein, die die bewährten Stärken des Landes Schleswig-Holstein aufnimmt und Perspektiven für die Zukunft aufzeigt, (S. 58). "Die CDU wird darauf hinwirken, dass die klassischen öffentlich geförderten Institutionen wie Bibliotheken, Theater, Musikschulen, Museen, Archive, Volkshochschulen, Denkmäler und Stiftungen ihr Bildungsangebot für Kinder und Jugendliche erweitern, an neue Ideen und Formen anpassen, innovativ arbeiten und untereinander in Wettbewerb treten." (S. 59)
SPD: "Die öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken verstärken ihre Aufgabe, das kulturelle Erbe, die gegenwärtige Alltags- und Hochkultur und die innovativen digitalen Kulturangebote zielgruppengerecht aufzubereiten und zu vermitteln."
GRÜNE: "Museen, Archive, Bibliotheken und Theater sind allesamt unterfinanziert. Es ist leider absehbar,dass die öffentliche Hand kaum mehr Geld in die kulturellen Institutionen geben kann. Aber wenn sich die Kulturinstitutionen auf den Weg machen, neue Strukturen aufzubauen, dann werden wir das unterstützen."
FDP: "Im Verbund mit den kommunalen Trägern wollen wir die regionalen Kulturangebote im Bereich der bildenden Kunst, der Musik, des Theaters, der Literatur und Büchereiwesens, der Museen und Ausstellungen mit den landeseigenen Angeboten abstimmen und die Kräfte bündeln. Nur so kann es uns gelingen, allen Bürgerinnen und Bürgern ein vielschichtiges, vielfältiges und hochwertiges kulturelles Angebot." (S. 56)... "Der Staat hat sicherzustellen, dass er die Chancen und Potenziale aller Medien für jede Bürgerin und jeden Bürger zugänglich macht und ihn nicht beschränkt – nicht mehr und nicht weniger." (S. 88)
DIE LINKE: "Alle Bildungseinrichtungen, von den Volkshochschulen über die öffentlichen Bibliotheken bis zu den Universitäten, müssen sich dieser Herausforderung stellen; dazu sind sie von der öffentlichen Hand besser als bisher finanziell zu fördern. In Artikel 9 (3) der Landesverfassung heißt es: 'Die Förderung der Kultur einschließlich des Sports, der Erwachsenenbildung, des Büchereiwesens und der Volkshochschulen ist Aufgabe des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände.' Trotzdem versuchen immer mehr Landkreise, sich aus der Förderung des Büchereiwesens zurückzuziehen. DIE LINKE fordert: dieser verfassungswidrige Zustand muss sofort beendet werden! Wir befürworten eine gesetzliche Regelung, die alle Gebietskörperschaften einbezieht.
SSW: "Bibliotheken, Archive und Museen sind das Gedächtnis unseres Landes und müssen für künftige Generationen unser Kulturgut überliefern. Neben den Museen, die die Kunst und Kulturgeschichte für Jedermann dokumentieren, speichern vor allem das Landesarchiv und die kommunalen Archive das geschichtliche Erbe Schleswig-Holsteins und seiner Regionen. Die Archive sind Zentren der historischen, heimatkundlichen und familiären Forschung in Schleswig-Holstein; sie schaffen Rechtssicherheit bei Planungen und agieren als Dienstleistungseinrichtung für Behörden. Bibliotheken sind ein wichtiger Teil unseres alltäglichen Lebens und unverzichtbar für eine aufgeklärte, freiheitliche und integrative Gesellschaft. Der SSW hat deshalb auch 2010 ein Bibliotheksgesetz im Landtag eingebracht. Dieses wurde aber von der CDU-FDP-Mehrheit abgewiesen. Dabei ist es wichtiger denn je, die Grundversorgung in Schleswig-Holstein abzusichern, denn eine Vielzahl von Kommunen und Gemeinden sparen sich nicht nur ein Archiv, sie sparen vor allem ihre
Bibliotheken derzeit kaputt. Es darf keine Frage der Beliebigkeit, des persönlichen Engagements oder der haushaltspolitischen Schwerpunktsetzung sein, ob es Bibliotheken, Archive und Museen gibt oder nicht und wie sie arbeiten. Deshalb muss die Arbeit dieser Einrichtungen in den nächsten Jahren auf ein stabiles Fundament gestellt werden. Für den SSW ist das Betreiben von Bibliotheken grundsätzlich eine gesellschaftliche Pflichtaufgabe, deren Erfüllung, Finanzierung und Weiterentwicklung durch ein Bibliotheksgesetz für Schleswig-Holstein geregelt werden muss. Wir werden weiterhin für ein solches Landesgesetz kämpfen."
PIRATEN: "Mit den heutigen und künftigen Mitteln digitaler Techniken kann Kulturgut in Museen, Archiven, Sammlungen und Bibliotheken verstärkt flächendeckend erfasst und allgemein zugänglich gemacht und damit verbreitet werden. Gleichzeitig kann so auch langfristig Kulturgut archiviert werden – bei allen Problemen, die in diesem Bereich noch zu lösen sind. Die Piratenpartei unterstützt dementsprechend regionale, überregionale und europaweite Projekte zur Kulturgutsicherung."
Im Koalitionsvertrag der Jamaika-Koalition war von einem Bibliotheksgesetz die Rede. In Pressemitteilugen haben sich DIE LINKE sowie die SPD für ein Bibliotheksgesetz ausgesprochen. Passiert ist nichts.
Interessant ist nun ein Blick in die Regierungsprogramme der Parteien:
CDU: "Um die 'Versorgung in der Fläche' mit Bibliotheken sicherzustellen, sollen Gespräche mit Bibliotheken, Schulträgern, Pfarreien, den Bistümern und den Kommunen geführt werden, um eine übergreifende Strategie zur Weiterentwicklung der Bibliothekslandschaft im Lande zu entwickeln. Von einem Bibliotheksgesetz wird Abstand genommen."
S. 30
SPD: "Lesekultur, Bibliotheken und Mediatheken legen vielfach den Grundstein für kulturelle Bildung und gesellschaftliche Teilhabe und bedürfen der besonderen Aufmerksamkeit und Förderung."
S. 26
GRÜNE: "Wir wollen eine vielfältige Weiterbildungslandschaft mit unterschiedlichen Anbietern. Dazu gehören die Volkshochschulen, die berufsbildenden Schulen, die Hochschulen und die freien Träger sowie die Bibliotheken. Bibliotheken dienen auch der Vermittlung von Medienkompetenz in der Wissens- und Informationsgesellschaft. Wir setzen uns dafür ein, dass öffentliche Bibliotheken verstärkt gefördert werden. Wir wollen, dass im Saarland ein Bibliotheksgesetz verabschiedet wird, das regelt, dass das Vorhalten von Bibliotheken keine freiwillige, sondern eine Pflichtaufgabe ist." S. 33
"Wir wollen die Lesekultur fördern und damit einen leichteren Zugang möglichst vieler SaarländerInnen aller Alters- und Bildungsschichten zur Literatur erreichen. Ã-ffentliche Bibliotheken sind zu sichern, mit Bücherbussen sind sie vor Ort mobil." S. 83
DIE LINKE: Das Wahlprogramm ist noch nicht online.
PIRATEN: Keine Aussage.
FDP: Keine Aussage.
Im rot-grünen Koalitionsvertrag von Rheinland-Pfalz finden sich Aussagen über ein mögliches Bibliotheksgesetz:
"Ã-ffentliche und wissenschaftliche Bibliotheken sind unverzichtbare Einrichtungen der Leseförderung und der Informationsversorgung, die für alle Altersgruppen und Bevölkerungsschichten wichtige Angebote und Serviceleistungen für Bildung und Kultur in Stadt und Land anbieten. Die Landesregierung wird im Einvernehmen mit den Kommunen und mit anderen Bildungseinrichtungen den Erhalt und gegebenenfalls weiteren Ausbau eines zeitgemäßen Bibliotheksnetzes fördern. Dabei werden wir prüfen, ob die Schaffung eines Bibliotheksgesetzes ein geeigneter Weg ist, diese Ziele zu erreichen." S. 17
Volltext.
Dabei sind drei Punkte bemerkenswert.
Erstens werden wissenschaftliche und öffentliche Bibliotheken gemeinsam in ihrer Verantwortung für die Informationsversorgung gewürdigt.
Zweitens wird als Ziel eines Bibliotheksgesetzes vor allem die Schaffung eines zeitgemäßen Bibliotheksnetzes gesehen.
Drittens werden Bibliotheken als Kultur- und Bildungseinrichtung gleichermaßen gewürdigt.
In GVBl. 2011 S. 18 wurde die Verordnung über die Ablieferung digitaler Publikationen an die "Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek" vom 8. Februar 2011 veröffentlicht.
Geregelt werden die Modalitäten der Ablieferung elektronischer Publikationen auf Datenträgern sowie unkörperlicher Medienwerke (Netzpublikationen) sowie die Ausnahmen von der Ablieferungspflicht.
Urheberrechtliche Nutzungsrechte werden in der Verordnung nicht thematisiert, was für die Nutzung der unkörperlichen Medienwerke in der ThULB Jena problematisch sein kann.
An zwei Stellen werden im neuen Koaltionsvertrag der Großen Koalition in Sachsen-Anhalt Bibliotheken gewürdigt:
"Ã-ffentliche Bibliotheken
Die Koalitionspartner werden dafür sorgen, dass die öffentlichen Bibliotheken auch weiterhin verlässliche Rahmenbedingungen zur Planung und Umsetzung ihrer Aufgaben vorfinden. Sie wollen die Kooperation von Bibliotheken untereinander und mit anderen Bildungs- und Kultureinrichtungen sowie die Bildung von Netzwerken befördern." (S. 61)
"Digitalisierung von Kulturgut
Die Koalitionspartner erachten die Sicherung und Verbreitung des kulturellen Erbes von Museen, Bibliotheken und Archiven im Internet als eine wichtige kulturelle Zukunftsaufgabe. Dabei kommt der Digitalisierung von Kulturgut eine besondere Bedeutung zu. In Sachsen-Anhalt besteht angesichts des reichhaltigen Kulturerbes ein erheblicher Handlungs- und Koordinierungsbedarf" (S. 62)
Quelle: Sachsen-Anhalt geht seinen Weg : Wachstum Gerechtigkeit Nachhaltigkeit ;
Vereinbarung zwischen der Christlich Demokratischen Union Deutschlands Landesverband Sachsen-Anhalt und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands
Landesverband Sachsen-Anhalt über die Bildung einer Koalition in der sechsten Legislaturperiode des Landtags von Sachsen-Anhalt 2011 bis 2016, Magdeburg 2011.
Volltext